Tanggeng — Buitenzorg, 26. April 1893

Um 1 Uhr nachts hatte der Regen endlich ein wenig nachgelassen. Kurze Zeit darauf war die erfreuliche Botschaft eingelaufen, dass es doch möglich sein werde, den Fluss zu passieren, da es im Gebirge weniger stark geregnet zu haben scheine und das Wasser rasch falle. Diese Nachricht wurde selbstverständlich mit großer Freude aufgenommen. Um halb 4 Uhr morgens waren wir schon zum Aufsitzen bereit, allein da die Eingeborenen offenbar keine besonderen Freunde des Frühaufstehens sind, so währte es noch einige Zeit, bis sich unsere nächtliche Karawane in Bewegung setzte; denn die Pferde mussten erst gesattelt, die Führer geweckt werden und zum Schluss fehlten die Laternen und Fackeln, ohne welche es unmöglich war, in der stockfinsteren Nacht von der Stelle zu kommen. Energische, mitunter nicht ganz salonfähige Worte brachten schließlich die verschlafenen Leute auf den Platz, und etwas nach 4 Uhr morgens ritten wir im Gänsemarsch, zwischen je vier oder fünf Reitern einen Fackelträger, von Tanggeng ab. Der Ausdruck Fackelträger ist insofern ein euphemistischer, als die Fackeln lediglich in brennenden Holzspänen — natürlich wieder einmal Bambus! — bestanden.

Der stark angeschwollene Tji Buni wurde auf einer Brücke passiert; dann ging es ins Gebirge, wo wir aber oft absitzen mussten, da die Pferde unter der Last des Reiters auf dem glatt gewaschenen, steilen Pfad nicht recht von der Stelle kamen. So rückten wir leidlich vorwärts und als wir bei der durch den nächsten Fluss führenden Furt anlangten, deren Übergang als besonders gefährlich hingestellt worden war, graute bereits der Morgen, so dass wir sofort mit aufrichtiger Freude wahrnehmen konnten, wie sehr das Wasser inzwischen gesunken war. Der Übergang vollzog sich sonach ohne besondere Schwierigkeit; die Pferde kamen zwar tief ins Wasser, erreichten aber dennoch anstandslos das andere Ufer. So rasch, ja plötzlich solche Gebirgswässer auf Java gießbachartig anschwellen, ebenso rasch fließt das Wasser ab, so dass der Fluss bald wieder seinen gewöhnlichen Lauf annimmt. Die nächste und auch die letzte Furt waren merkwürdigerweise eher seichter als zu der Zeit, da wir sie das erstemal durchritten hatten.

Nachdem wir somit eine Reihe von Flüssen, nämlich den Tji Buni, den Tji Lumut und den Tji Djampang glücklich überschritten hatten. gerieten wir in um so bessere Stimmung, als nun der schönste Teil des Rittes, nämlich der Weg vom Tji Djampang bis zu den Plantagen in Sukanagara vor uns lag.

Eben eine Höhe erkletternd, entdeckte ich auf einem hohen, mit allerlei Schlingpflanzen dicht bewachsenen Baum mehrere Affen, deren ich ein Exemplar erbeutete. Dieses hatte ein selten schönes, langhaariges, graues Fell, etwa wie jenes eines Seidenpinschers, schwarzes Gesicht und schwarze Extremitäten. Nachdem ich den erlegten Affen einem Kuli übergeben hatte und wir eine Strecke weitergeritten waren, vernahm ich in einer ebenfalls sehr hohen Baumgruppe Affenstimmen und gewahrte einen Trupp der großen schwarzen Budengs, die ruhig im Geäste saßen. Ungeachtet der Höhe, in welcher sich die Tiere befanden, schoss ich und erbeutete mit vier Schüssen einen der Affen, ein auffallend großes Männchen, welches der Führer des Rudels zu sein schien. Der Affe war kaum mit schwerem Falle von einem Ast in die Tiefe herabgestürzt, als die ganze Gesellschaft in die lebhafteste Aufregung und Bewegung kam. Die Affen hüpften in dem Gezweig umher und eilten von Baum zu Baum, indem sie teils die Lianen, welche die Stämme verbanden, als Brücke benützten, teils weite Sprünge zu den nächststehenden Bäumen wagten, an deren Stamm sie sich festklammerten, um dann augenblicklich wieder weiterzuhuschen. Doch schienen die Affen nach dem Verlust ihres Führers nicht recht zu wissen, wohin sich flüchten, und sprangen planlos umher, so dass es mir gelang, noch sechs schöne Exemplare zu erlegen.

In Sukanagara nahm uns für kurze Zeit Herr Vlooten wieder gastlich auf, und noch vor 3 Uhr nachmittags waren wir glücklich an der Eisenbahnstation Tjibeber angelangt. Unsere Pferde hatten sich wacker gehalten, denn sie zu schonen war unmöglich gewesen, ja, um zur rechten Zeit einzutreffen, hatten wir uns genötigt gesehen, sie den langen, schlechten Weg über fortwährend gehörig anzutreiben.

Jener Teil der Bagage, welcher bereits an Ort und Stelle war, wurde rasch einwaggoniert. Der Rest des Gepäcks hatte Tjibeber noch nicht erreicht und sollte uns am nächsten Tage nachgeschickt werden. Zur festgesetzten Stunde entführte uns der Zug nach Buitenzorg.

Auf halbem Weg hatten die Herren Kerkhoven, Baron van Heeckeren und Herr Borrel den Zug verlassen, um auf ihre Plantagen zurückzukehren. Die drei Herren waren dank ihrem natürlichen und gemütlichen Wesen die ganze Dauer der Expedition hindurch angenehme Jagdgenossen gewesen, die ich sehr schätzen gelernt hatte, so dass sich der Abschied recht herzlich gestaltete.

In Buitenzorg, dessen Hauptstraße wir noch von zahlreichen Spaziergängern belebt fanden, verfügte ich mich in das Palais des Generalgouverneurs, bei welchem ich das durch Schilderungen des Aufenthaltes im Lager zu Tjipandak gewürzte Diner einnahm.

Links

  • Ort: Buitezorg (Bogor), Indonesien
  • ANNO – am 26.04.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt „Die Zauberin am Stein“, während das k.u.k. Hof-Operntheater die Oper „Die Rantzau“ aufführt.

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