Vormittags versuchte ich in Jokohama neuerlich mein Glück in der Besorgung von Einkäufen, und zwar diesmal von dem liebenswürdigen Baron Siebold geleitet, der sich durch seinen jahrelangen Aufenthalt in Japan vollkommene Vertrautheit mit allen Verhältnissen angeeignet hat und auch das japanische Idiom beherrscht. Leider hatten meine Bemühungen keinen Erfolg; denn vergeblich trachtete ich, Seidenstoffe und Brokate zu finden, wie ich solche in Kioto erworben hatte, und erhielt überall auf meine Nachfrage den Bescheid, dass die Stoffe erst aus Kioto bestellt werden müssten. Hingegen gelang es mir, die Bordmenagerie durch reizende, weiße Zwerghühner — eine ganze Voliere voll — und durch einen der schon so seltenen Hähne zu ergänzen, deren Stoß eine Länge von mehreren Metern aufweist. Auch zwei sehr possierliche Bären sandte ich an Bord, die alsbald die Lieblinge der Mannschaft wurden und in der kürzesten Zeit aufwarten lernten; hoffentlich kommen sie wohlbehalten in die Heimat, wo sie den Burggraben in Konopist bewohnen und zieren sollen.
Nachmittags wollte ich wieder in Tokio sein und ließ, um den lauernden Augen der Polizei zu entgehen, Clam und Pronay direkt nach der Hauptstadt fahren, wo sie auch auf das feierlichste von einer tausendköpfigen Menschenmenge und dem entsprechenden Aufgebot von Polizisten empfangen wurden, während ich mit Siebold in der vorletzten Station ausstieg und mittels Rickschas nach Tokio eilte. Das Manöver gelang auch, wir konnten uns durch einige Stunden ganz unbehindert bewegen und ein Diner in einem Restaurant des schönen Ujeno-Parkes einnehmen.
Links
- Ort: Tokio, Japan
- ANNO – am 23.08.1893 in Östereichs Presse.
- Das k.u.k. Hof-Burgtheater macht Sommerpause bis zum 15. September, während das k.u.k. Hof-Operntheater die Oper „Freund Fritz“ aufführt.