Jaipur — Agra, 7. März 1893

Die Einwaggonierung der umfangreichen Bagage erwies sich als ein so langwieriges Geschäft, dass unser Extrazug erst um die neunte Morgenstunde flott wurde. Von Dschaipur aus strebten wir über Agra den Jagdlagern in dem Gebiete von Nepal zu.

Die Erfolge der bisher ausgeübten Eisenbahnjagden veranlassten mich, den ganzen Tag diesem originellen Sport zu widmen, und so stand ich, während der Zug in östlicher Richtung auf der Linie der Bombay Baroda and Central India Railway über Bandikui und Bhartpur gegen Agra rollte, mit Clam auf der Plattform meines Waggons, in voller Fahrt alles Wild beschießend, das der Strecke entlang sichtbar wurde. Ich erlegte auf diese Art 208 Stücke, darunter Geier, Falken, Reb- und Steppenhühner und eine große Zahl von Wildtauben.

Gegen Abend erreichten wir wieder das Gebiet des Maharadschas von Bhartpur, woselbst es von Nilgaus wimmelte. Hatten wir nun, ungeachtet des diese Tiere schützenden Jagdbannes, schon anlässlich unseres Aufenthaltes in Bhartpur dem Maharadscha mehrere Nilgaus vorweg genommen, so konnte ich jetzt, wo ich nicht als Gast dieses Staates, sondern nur als Durchreisender Bhartpurer Boden unter mir hatte, umso weniger der Versuchung widerstehen, noch einige dieser Riesenantilopen niederzustrecken. Der Leiter des Zuges, der uns schon bekannte passionierte Jäger — auf diese Eigenschaft wies auch seine, für einen Eisenbahn-Direktor allerdings seltsame Kleidung, ein Jagdgewand, hin — postierte einen der Zugsdiener auf das Dach des Waggons und hieß ihn mittels eines Fernglases Auslug halten. Dieses Arrangement bewährte sich vortrefflich; denn plötzlich, inmitten eines dichten Dschungels, stoppte der Train, kam der Zugsleiter herbeigestürzt und machte mich auf ein Rudel Nilgaus aufmerksam, die etwa 500 m von uns entfernt ästen. Ich verließ den Waggon, pürschte mich an und erlegte einen starken, schön gefärbten Stier, der sofort aufgebrochen und in den Waggon getan wurde. Der Zug ging sausend weiter, um eine halbe Stunde später abermals Halt zu machen, worauf Wurmbrand einen Nilgau-Stier anschweißte, den er jedoch nicht auszumachen vermochte. Knapp vor Einbruch der Dunkelheit pürschte ich mich abermals an zwei Stiere an und war glücklich, beide Stücke zu erlegen. So verließen wir denn das Gebiet von Bhartpur mit einer Beute von drei Nilgaus, hoffend, dass auch diesmal dem Maharadscha unser Wildschützenzug ein Geheimnis bleiben werde.

ln Agra hatten wir den Zug zu wechseln. Wir fanden daselbst den Matrosen wieder, der fieberkrank zurückgeblieben war, doch hatte sich dieser so wenig erholt, dass ich ihn direkt nach Calcutta expedieren ließ. Hier wurde auch John sowie ein zweiter indischer Diener, die sich beide durch besondere Saumseligkeit ausgezeichnet hatten, entlassen.

Wir nahmen noch von Dr. v. Lorenz, der von Agra aus zunächst nach Calcutta und dann nach Wien zurückkehren sollte, Abschied und setzten hierauf unsere Reise fort.

Links

  • Ort: Agra, Indien
  • ANNO – am 07.03.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt Schillers “Kabale und Liebe“, während das k.u.k. Hof-Operntheater die Oper „Orpheus und Eurydike“ zeigt.

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