Da kein Tiger gerissen hatte, wurde ein General-shooting unternommen und zu diesem Zweck nach Passierung des Flusses der Weg an einem Dorf vorbei eingeschlagen.
Wir konnten hier aus nächster Nähe die armseligen Rohrhütten, sowie die primitiven Haus- und Feldgeräte der Nepalesen beobachten. Rings um die Hütten ist dem Dschungel etwas Boden abgewonnen und dieser durch die Eingeborenen bebaut worden, welche trotz ihrer Armut und des fieberigen Klimas nicht so herabgekommen und verwahrlost aussehen, wie mitunter deren indische Verwandte, die Hindus. Viele der Ortsinsassen befassen sich mit Viehzucht und nehmen sogar Vieh aus Indien auf ihre Weiden; doch ist das Aussehen der Herden ein geradezu schreckliches; denn die einzelnen Stück Vieh scheinen nur aus Haut und Knochen zu bestehen. Krankheiten und reißende Tiere, namentlich Tiger, fordern zahllose Opfer, da im Tarai-Gebiet Rinder und Büffel in halbwildem Zustand umherlaufen, so dass man häufig mitten im Wald an Orten, wo weit und breit keine Niederlassung zu sehen ist, einer Herde begegnet, die scheu vor den Elephanten Reißaus nimmt.
Die Jagdleiter führten uns in recht schwieriges Terrain, in welchem wir ununterbrochen durch dichten Wald über Ravins, steile Abhänge und Schluchten klettern mussten. Es hieß, dass sich daselbst Bären aufhielten; aber selbst wenn der Ursus labiatus uns zu Gesicht gekommen wäre, hätten wir ans Schießen nicht denken können, weil wir zu tun hatten, uns an die Hauda fest anzuklammern, um nicht hinausgeschleudert zu werden. Da sich überdies die Ordnung in der Linie vollkommen aufgelöst hatte, indem die kleineren Elephanten in dieser „buckeligen Welt“ den größeren nicht mehr nachzukommen vermochten, richteten wir an den Neffen des Maharadschas die Bitte, uns aus dieser Wildnis in ein minder schwieriges Terrain zu führen.
Unserem Anliegen wurde zwar willfahrt, doch ging dies gegen die ursprünglich von den Jagdleitern gefassten Pläne, weshalb wir ziemlich rat- und ziellos auf einer großen Viehtrift umherzogen, ohne ein gutes Dschungel zu finden. Doch bot auch dieses Gebiet jagdliche Ausbeute, nämlich Hasen, deren wir eine für Indien sehr erhebliche Anzahl zur Strecke brachten. Endlich entschloss man sich zum Frühstück — immer ein probates Auskunftsmittel — wonach wir, da die Jagdleiter sich wieder zurechtgefunden hatten, einen recht hübschen Streif längs eines Wasserlaufes machten, in dessen Uferbereich sich zahlreiches kleines Wild fand und einmal sogar — angeblich — ein Panther gespürt wurde, da plötzlich der Ruf „Tschita, Tschita“ erscholl; ja mehrere Leute wollten, wie dies bei ähnlichen Gelegenheiten schon zu gehen pflegt, den Panther bestimmt gesehen haben; doch lieferte der mit gewohntem Geschick sofort formierte Kreis kein Ergebnis.
Links
- Ort: Dechta Boli, Nepal
- ANNO – am 15.03.1893 in Österreichs Presse. Das Kaiserpaar wird morgen aus der Schweiz ausreisen, er nach Wien und sie nach Genua.
- Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt „Faust“, während das k.u.k. Hof-Operntheater „Die Rantzau“ aufführt.