Dechta Boli, 14. März 1893

Obschon der Platz für das Lager in Barbatta Tal gut gewählt war und die Umgegend, nach den Erfahrungen des Vortages zu schließen, gute Beute zu versprechen schien, wurde das Lager doch schon am frühen Morgen abgebrochen, um 11 km östlich nach Dechta Boli verlegt zu werden.

Während die Trainkolonne den kürzesten Weg einschlug, streiften wir mit etwa 100 Elephanten durch dichte Dschungel gegen den neuen Lagerplatz. Hatte das Jagdterrain anfänglich auch vielverheißend ausgesehen, so trafen wir hier doch nur auf wenig Wild, so dass ich bloß einen Schopf-Schlangenadler (Spilornis cheela) und einen Bellenden Hirsch erlegte; erst in der Nähe eines Flusses, an dessen Ufer unser Lager, fast schon völlig aufgeschlagen, sich erhob, standen Pfaue und Dschungelhühner auf, deren wir einige erbeuteten.

Nach dem Eintreffen im Lager sah ich den Ober-Schikäri, gefolgt von einer Anzahl Elephanten, gegen das nördlich vom Flusse gelegene Walddschungel reiten, woraus ich schloss, dass im Laufe des Tages noch auf eine Tigerjagd zu hoffen sei. Ich hatte mich nicht getäuscht; denn zwei Stunden später bestimmte uns ein Bote, dem Ober-Schikäri bis an eine Stelle zu folgen, an der in einem Dschungel, mitten im prächtigen Walde, ein Tiger eingekreist war. Ich stand an einer dichtbewachsenen Mulde, aus welcher nach kurzer Zeit der Tiger brüllend hervorstürzte, um sich, durch zwei meiner Kugeln getroffen, gegen Clam zu wenden und, von diesem mit einem Fangschuss bedacht, verendend in das Gras zurückzustürzen. All dies hatte sich innerhalb weniger Augenblicke abgespielt. Jubelnd umdrängten die Nepalesen den starken Tiger, den sie so vorzüglich bestätigt hatten, und der auf dem Rücken eines Elephanten festgebunden, — ein imposanter Anblick — alsbald ins Lager gebracht wurde, wo ihn Hodek übernahm.

So oft dieser einen Tiger abzieht, ist er von Eingeborenen umlagert, die auf den Augenblick lauern, in welchem der Präparator seine Arbeit getan; dann stürzen sie wie die Geier auf den Tiger, von dem sie ein Stück zu erhaschen suchen, da dem Tigerfleisch besonders heilkräftige Wirkung zugeschrieben wird. Als Arcana werden am meisten die Leber und das Fett geschätzt.

Nach Anbruch der Dunkelheit sahen wir in weiter Ferne einen starken Dschungelbrand — ein Schauspiel, das man übrigens sehr oft genießen kann, da die Eingeborenen das dürre Gras häufig in Brand stecken, um das Hervorsprießen neuer Keime zu befördern.

Links

  • Ort: Dechta Boli, Nepal
  • ANNO – am 14.03.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt „Die Welt, in der man sich langweilt“, während das k.u.k. Hof-Operntheater Richard Wagners  „Rheingold“ aufführt.

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