Um halb 8 Uhr morgens wurden wir in Manihari Ghat an der Endstation der schmalspurigen Bahn geweckt, passierten auf einem Dampfer den Ganges und setzten von der Station Sakrigali Ghat die Fahrt mit der East Indian Railway auf der uns schon bekannten Strecke bis Moghal Sarai fort. Das Gebiet, welches wir durcheilten, ist, wenn auch an Üppigkeit den Delta-Landschaften nicht vergleichbar, doch sehr fruchtbar, stark besiedelt und intensiv kultiviert. Das Uferland des Ganges, den Alluvialbildungen angehörend, allenthalben Handelsgewächse, Brot- und Gartenfrüchte in reicher Fülle liefernd, trägt wie fast jede der »Kornkammern« unserer Erde, den Charakter der Eintönigkeit in sich. Das Einförmige der Gangesniederung, ihrer fruchtbaren Ebenen und grünenden Feldfluren wird nur durch zahlreiche Mangohaine und kleine Hügel unterbrochen, welche ihre Eigenart dadurch ausprägen, dass sie nur spärlich bewachsen und mit regellos übereinander gewürfelten Felsblöcken bedeckt sind.
Gegen 8 Uhr abends langten wir in Moghal Sarai an, setzten von hier aus auf der Linie der Oudh and Rohilkund Railway, eine beiläufig 1200 m lange eiserne Brücke passierend, über den Ganges und trafen nach 8 Uhr in der Station Benäres Cantonment ein. Wir wurden auf dem Bahnhof — in Abwesenheit des Commissioners — von Mr. Brereton, einem magistratischen Ratsherrn, empfangen und begaben uns, von einer Eskorte berittener Polizei geleitet, nach unserem Quartier. dem Palast Nandeschwar Kothi, einem Besitztum des Mahärädschas von Benares. Wie alle modernen indischen Paläste, ist auch dieser äußerst luftig gebaut, geschmacklos eingerichtet, so dass nur einige alte Bilder früherer Mahärädschas die Aufmerksamkeit fesseln. Wir setzten uns um ein Kaminfeuer, das uns wohltätig erwärmte; denn noch nie soll in Indien ein ähnlich strenger Winter geherrscht haben, was wohl mit der auch in Europa exzeptionellen Kälte von 1892/93 zusammenhängen dürfte. In einem Radscha-Doppelbett von ungeheuerlichen Dimensionen, umgeben von Radscha-Ahnen, die erstaunt auf mich herabblickten, schlief ich bald den Schlaf des Gerechten.
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- Ort: Benares, India
- ANNO – am 09.02.1893 in Österreichs Presse.Die Kaiserin Elisabeth besichtigt immer noch Barcelona und will auch das Kloster von Montserrat einen Besuch abstatten. Ihr Schiff sollte nach Marseille weiterfahren, was angesichts der Cholerafälle in der Stadt wohl fraglich ist. Ein schweres Erdbeben mit über 600 zerstörten Häusern erschüttertee Zakynthos, eine Insel, welche Franz Ferdinand von fern auf seiner Reise von Triest kommend beobachtet hatte.
- Das k.u.k. Hof-Burgtheater zeigt das Lustspiel “Der Präsident“, während das k.u.k. Hof-Opermtheater Wagners “Rheingold” aufführt.