Benares, 10. Februar 1893

Wer aus der majestätischen Ruhe der Alpenwelt unmittelbar nach Benares gelangt, glaubt sich in ein Tollhaus versetzt. Götter und Menschen; Religion und Wahnsinn; Mystizismus und Aberglaube; Askese und Üppigkeit; Anklänge an tiefere Wahrheiten und Verleugnung des gesunden Menschenverstandes; fromme Beter und verrückte Fakire; brennende Hindus und tanzende Bajaderen: dieses alles in hunderterlei Formen und Gestalten am Fluss gruppiert, in den Straßen der Stadt sich beengend, drängend, schiebend, stoßend, treibend — vereinigt sich zu einem Strudel und Wirbel, welcher den in sprachlosem Erstaunen starrenden Fremdling mitzureißen droht. Allmählich nur gelingt es, sich angesichts der unheimlichen Größe menschlicher Verirrung und der ansteckenden Macht der Raserei zu sammeln, zu betrachten und zu denken.

Benares, die heilige Stadt der Hindus, der größte, alljährlich von einigen Hunderttausend Pilgern besuchte Wallfahrtsort Indiens, liegt am linken, dem nördlichen Ufer des heiligen Ganges und erstreckt sich — 222.000 Seelen fassend — über einen weiten Raum, der hauptsächlich von Tempeln, Moscheen und den Palästen indischer Fürsten erfüllt wird. Man zählt hier neben anderen religiösen Gebäuden 1454 Hindu-Tempel und 572 Moscheen. Die Stadt, ein uralter Sitz brahmanischer Gelehrsamkeit, gehörte ursprünglich ausschließlich den Bekennern des Buddhismus, bis dieser vom Brahmanismus verdrängt wurde. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts dem Reich der Großmoguln einverleibt, büßte sie ihren Charakter als heilige Stadt der Hindus vorübergehend, namentlich dadurch ein, dass Aurengzeb, ebenso eifrig als Bekenner des Islams wie als Verfolger des Brahmanismus, den Hindus zum Hohne alle Tempel derselben zerstört und — zum Teil auf den Trümmern dieser Tempel — dem Ufer des Ganges entlang eine große Zahl von Moscheen errichtet hat. Nach dem Verfall der Mogulnherrschaft zu neuer Kraft erstarkt, erbauten die Hindus, die Moscheen verdrängend, nahezu anderthalbtausend neuer Tempel. Setzt uns auch deren Zahl und Bauart in Erstaunen, so bemerken wir an ihnen dennoch eine gewisse Einheitlichkeit des Stils, ein Umstand, der darauf zurückzuführen ist, dass eben keiner der gegenwärtig in Benares bestehenden Hindu-Tempel weiter als ins 17. Jahrhundert zurückreicht.

Die Sonne hatte kaum die über dem heiligen Ganges wehenden Morgennebel zerrissen, als wir uns schon am Ufer des Stromes befanden. Hier mieteten wir eine kleine Barke und ließen uns den FIuss auf- und niederrudern, um eine Übersicht über die Paläste und Tempel und das Leben am Ufer zu gewinnen. Oberhalb des Stromufers erhebt sich eine Reihe von Palästen, welche indische Fürsten, so die Maharadschas von Nepal, Dschaipur (Jeypore) u. s. w. hier zur Unterbringung der aus ihren Staaten alljährlich in großer Zahl herbeiziehenden Pilger erbaut haben. Typisch sind die mit Gallerien geschmückten Fronten, deren jede von zwei massiven Ecktürmchen flankiert ist. Zwischen diesen Palästen erheben sich allenthalben Hindu-Tempel, teils wohlerhalten, teils ruinenhaft, deren manche die wühlende Tätigkeit des Stromes zu Fall gebracht hat, während andere aus der gleichen Ursache in so schiefe Lage geraten sind, dass die hier ersichtliche Abweichung von der Geraden jene des Turmes von Pisa weit übertrifft.

Von der fortlaufenden Reihe der Gebäude führen überall große steinerne Freitreppen (Ghats) bis zum Wasserspiegel hinab. Auf diesen entwickelt sich namentlich des Morgens ein Leben und Treiben, das anfangs auf den Beschauer verblüffend wirkt und jeder Beschreibung zu spotten scheint. Hier strömen alle Pilger und der größte Teil der Einwohner von Benares zusammen, um im heiligen Fluss zu baden und so Befreiung von allen Sünden zu erlangen; hier pulsiert das religiöse Leben, Denken, Empfinden und Trachten der Hindus; hier wird Gewissenhaftigkeit in der Erfüllung religiöser Pflichten zu krassem Fanatismus, Indolenz zur Begeisterung. Laien und Priester, Männer und Frauen jeden Alters, Jünglinge, Mädchen und Kinder drängen sich in hellen Scharen zum Bad. Dort taucht ein armer Greis mit schneeweißen Haaren, vor Kälte zitternd, in die Fluten; hier nimmt eine Anzahl von Brahmanen das reinigende Bad; ein steinaltes Großmütterchen naht, geführt von dem Enkelkind, dem Fluss; weiterhin baden zahlreiche junge Mädchen, deren Heiterkeit im Glauben nicht erstickt; zappelnde, kreischende Kinder werden von den Eltern mit Wasser übergossen oder in die schlammige Brühe getaucht. Überall aber herrscht der größte Anstand, auch im Wasser werden die lichten Leinwandkleider nicht abgelegt.

Der Morgen war sehr kühl, — in Mäntel gehüllt saßen wir in unserer Barke – – doch hinderte die empfindliche Kälte die Glaubensstarken nicht im geringsten, ihr Bad zu nehmen und längere Zeit im Wasser zu verweilen. Die Badenden trinken von dem eklen Wasser, welchem dank Schiwas Gnade die Kraft innewohnt, den sterblichen Menschen von seinen Sünden zu reinigen, und opfern Blumen und Reis oder andere Erzeugnisse des Bodens. Besonders feierlich vollziehen die Brahmanen die heilige Handlung, indem sie der Sonne einen Blick zuwerfen, Gebete murmeln und unter den eigentümlichsten Zeremonien ihre Opfer darbringen. Pilger nehmen in großen Kupfergefäßen das wundertätige Wasser des Ganges, das auch in alle Teile des Landes verschickt wird, nach Hause mit. In ganz Benares sieht man Träger dieses heiligen Nasses durch die Straßen eilen.

Gleich oberhalb der Badestelle sind auf den Ghats über Säulen gelagerte Steinplatten angebracht, auf welchen Brahmanen sitzen, welche den dem Bad Entsteigenden mit verschiedenfärbigem Sandelholzmehl das Kastenzeichen auf Stirn und Wangen malen. Auch Rasierer in voller Tätigkeit haben da ihr Lager aufgeschlagen.

Die fürchterlichste Ausgeburt religiösen Paroxismus, wahre Zerrbilder der Menschheit sind aber die Fakire, deren es in Benäres Legionen gibt. Sie sitzen auf den Ghats oder auf im Flusse schwimmenden Brettern, größtenteils nackt, mit Lehm oder Asche beschmiert, regungslos da. Für ihren Lebensunterhalt sorgt die Mildtätigkeit der Gläubigen.

Mitten unter all den Badeplätzen liegen die Verbrennungsstätten, an welche täglich zahlreiche Hindu-Leichen überantwortet werden. Es gilt als der Gottheit besonders wohlgefällig, ja als Bürgschaft für den Eintritt in den Himmel, am Ufer des Ganges zu Asche zu werden oder gar daselbst das Zeitliche zu segnen, aus welchem Grunde sich auch viele Sterbende von ihren Verwandten selbst aus weiter Ferne zum heiligen Strome bringen lassen, um angesichts seiner rauschenden Fluten den letzten Seufzer zu tun. Tritt der Tod des Sterbenden nicht bald ein, so beschleunigen wohl häufig genug die zärtlichen Verwandten künstlich sein Ende, um baldmöglichst wieder in die Heimat zurückkehren zu können. In landesüblicher, pietätloser Weise wird mit den Leichen umgegangen, da dieselben vorerst unter freiem Himmel rasiert und gewaschen, dann auf den Holzstoß gelegt und rasch verbrannt werden, wobei die Angehörigen stumm und teilnahmslos verharren. Endlich wirft man die letzten Überreste der Toten in den Ganges, knapp an den Stellen, wo ungeachtet der schwimmenden Leichenteile Menschen baden und das trübe Wasser schlürfen. Geier, Raben und Hunde raufen gierig um manchen halbverkohlten Knochen.

Lange blickte ich in dieses Treiben, als müsste ich mich vergewissern, dass ich so Scheußliches wirklich schaue und nicht bloß träume — dann wandte ich mich mit Ekel, ja mit Unwillen von dem grausigen, der Menschenwürde Hohn sprechenden Schauspiel ab.“

Aus der Flucht der Tempel und Paläste ragt mit ihrem runden Kuppelbau und den zwei schlanken, die ganze Stadt überragenden Minarets die große Moschee Aurengzebs heraus, welche der mächtige Eroberer an dieser, den Hindus besonders heiligen Stelle hatte errichten lassen. Auf steilen, schmutzigen Steintreppen stiegen wir zum Vorplatze der Moschee, wo uns ein Muezzin mit Bücklingen empfing und demütig einlud, eines der Minarets zu besteigen. Von der ersten Plattform, dem Dache der Moschee, strichen, durch unser Erscheinen erschreckt, Schwärme von Papageien und Tauben ab. Der weitere Aufstieg ist schwierig, da man sich auf einer engen, mit unverhältnismäßig hohen Stufen versehenen Schneckenstiege emporwinden muss, doch entschädigt für diese Mühe die weite, lohnende Aussicht über die ganze Stadt und den heiligen Fluss. Die zahlreichen Kuppeln der Tempel erglänzen im Sonnenscheine; ein Häusermeer liegt zu unseren Füßen; majestätisch rauscht der mächtige Strom dahin, als verachte er das wahnsinnige Getriebe dieser, Marionetten gleich von einer dunklen Macht bewegten Menschen.

Eine Wanderung mitten durch die betende Menge führte uns vorbei an heiligen Kühen, Eseln, Ziegen, Schafen und Hunden; alle diese Tiere lungern in der drängenden Menschenmenge umher — fürwahr eine drastische Staffage des sinnverwirrenden Bildes! Eine große Zahl angekröpfter Geier und Milane sitzt auf den Dächern oder, alle Abfälle vom Boden auflesend, zwischen den Fußgängern. Ziegen und Schafe dringen in die Tempel und Tempelchen ein und fressen vom Schoß der Götterbilder die diesen geopferten Blumen und Kränze. Wir gelangen zu einer Stelle, an der ein im Rufe besonderer Heiligkeit stehender Fakir, unaufhörlich Gebete murmelnd, schon viele Jahre lang auf demselben Fleck sitzt und von Andächtigen mit Opfergaben beschenkt wird. Fanatiker, welche die Würde eines Fakirs anstreben, bemühen sich, den ersten Grad der Abtötung dadurch zu erreichen, dass sie den Atem so lange einhalten, bis sie, grün und gelb geworden, beinahe ersticken. Alltäglich wird diese Übung wiederholt und fortgesetzt, bis jener Grad von Vollkommenheit erreicht ist, der dem ersehnten Ziel zuführt.

Eine Zisterne, der hochheilige Manikarnikä-Brunnen, 12 m im Quadrat messend, mit Stufen, die zum Wasser niederführen, — angeblich nach dem Vorbilde eines mythischen Teiches im Himalaya gestaltet — ist eine Stätte besonderer Verehrung für die Gläubigen: für uns eine solche des Greuels. Hier baden die Gläubigen, bevor sie in den Ganges tauchen — besser gesagt, sie suhlen sich in der Jauche und schlürfen von der aus faulenden Blumen, vieljährigem Schmutz und übelriechendem Wasser bestehenden Flüssigkeit.

Über steile Treppen, eine schmale Straße entlang, wanderten wir dem Haupttempel Schiwas »Bischeschwar« — der »Goldene Tempel genannt — zu. Das Unglaubliche ist Ereignis geworden; denn in den Straßen und vorzüglich in den Tempeln ist das Treiben der pilgernden Scharen noch toller als am Fluss. Die Straßen selbst bestehen eigentlich nur aus ununterbrochenen Reihen von Tempeln mit schöner und origineller Architektur, die von hoch entwickeltem Kunst- und Schönheitssinne zeugt. Tempel und Bilder des Elephanten-Gottes Ganescha, des Affen-Gottes Hanuman, Schiwas, des heiligen Stieres Nandi, — des indischen Apis — des Lingam in allen möglichen Formen und Größen folgen einander in bunter Reihe. Alle heiligen Plätze werden von den Pilgern mit Kränzen geschmückt, mit Gangeswasser bespritzt oder zu Stätten der Opfer von Reis und Butter gemacht. Dazwischen bieten Verkäufer mit großem Geschrei Gebetbücher oder kleine Bildnisse der Gottheiten feil, während beschäftigungslose Brahmanen sich herandrängen, um Führerdienste zu leisten. Je mehr wir uns dem Goldenen Tempel näherten, desto ärger wurde das Gedränge.

An einem großen Stiersymbol vorbeikommend, das eifrig mit Wasser vom Ganges begossen wird, erreichten wir den »Brunnen der Erkenntnis« (Gyan Kup), in welchen bei der Eroberung von Benares durch Aurengzeb, der Sage nach, der Hüter des vornehmsten Hindu-Tempels das seiner Obhut anvertraute Bildnis Wischnus hinabgeworfen haben soll. Heutzutage birgt dieser Brunnen nur faulendes Wasser, von welchem gegen entsprechenden Bakschisch für den Brahmanen jeder Pilger einen Löffel voll erhält.

Der Goldene Tempel, über den wir von einem gegenüberliegenden Balkone einen guten Überblick genossen, ist vor ungefähr 200 Jahren ganz aus rotem Sandstein erbaut und die Vergoldung des kegelförmigen Daches auf Kosten Maharädscha Randschit Singhs von Lahore ausgeführt worden. Dieser Schmuck hat dem Tempel den Beinamen des «Goldenen« verliehen. Innerhalb und außerhalb desselben, eines wahren Pandämoniums religiöser Exstase, treibt das Leben der Pilger die höchsten Wogen. Vollständiger Schiffbruch der menschlichen Vernunft zeigt sich, wenn man hier einen Blick auf das Gebaren der Gläubigen wirft. Obwohl sonst der Eintritt für Andersgläubige strengstens verboten ist, drangen wir doch, geleitet von einem reichlich mit Bakschisch versehenen Brahmanen, soweit ein, als es die drohende Haltung der Pilger nur immer gestattete Was ich gesehen, genügte, um mir ein getreues Bild von dem Innern des größten und heiligsten Tempels der Hindus, von der Nacht des Irrwahnes zu machen, welche jene umfängt. Das Hauptidol, in herrlicher, reicher Umfassung, ist das Sinnbild schaffender Kraft, ein Lingam, umtanzt von einer fanatischen Menge von Bettlern, Weibern und Männern, welche das Symbol rastlos bekränzen, bespritzen und salben. Dazwischen tönen Glocken, an welche die Gläubigen schlagen, watend zwischen zertretenen Blumen, Gangeswasser und Excrementen heiliger Kühe. Um das Hauptidol ist ein förmliches Museum anderer Bildnisse und Götteridole gereiht, deren jedes seine Anbeter hat, die schreiend und lärmend ihre Andacht verrichten. Obgleich mir nur ein Aufenthalt von wenigen Minuten in diesem Heiligtum gegönnt war, fühlte ich mich doch durch das plötzliche Einstürmen so ungeahnter Eindrücke wie von Schwindel erfasst; ins Freie gelangt, atmete ich tief auf. Die Umgebung des Tempels ist von einer Unzahl bejammernswerter, ekelhafter, verkrüppelter, mit Aussatz behafteter Bettler und Bettlerinnen belagert, welche das öffentliche Mitleid anrufen.
Noch grauenhafter, wenn möglich, ist der in der Nähe liegende Tempel Annapurnas, der »nahrungspendenden« Göttin. Ringsum stehen Kühe, welche von den Gläubigen als so heilig betrachtet werden dass diese, um sich von allen Sünden zu reinigen, ein Gemisch sämtlicher Provenienzen der Tempelkühe schlucken. Wohl der entsetzlichste Ausbruch fieberhaften Glaubenswahnes! Welch schreiender, schmerzlicher Widerspruch — auch hier schöne Architektur, das Zeugnis blühenden menschlichen Geistes, als Umrahmung von Schmutz, Unrath, Wahnsinn. In der Mitte des Tempels, auf einer Art Postament, befindet sich ein fürsorglich vorbereitetes, sogar mit Moskitonetzen umgebenes Bett, welches, dem Glauben der Hindus nach, allnächtlich von Wischnus Gemahn, der Göttin Lakschmi, aufgesucht wird, um hier der Ruhe zu pflegen.

Ich wandte mich nun dem Bazar zu und besah unterwegs noch die architektonisch reizend geschmückten Fronten einiger Häuser und mehrerer anscheinend selten besuchter Tempel.
Wir wandern, oft genug durch die drängende Menge im Fortschreiten behindert, an lebendig gewordenen Höllenbrueghels vorüber. Hier naht eine Schar Pilger, triefend vom Bad; dort bekränzen Frauen ein Schiwa-Symbol, den Gott um zahlreichen Kindersegen bittend: Fakire in den scheußlichsten Erscheinungen und aussätzige Bettler schreien um Almosen; Megären unterrichten auf der Straße Kinder in den Mysterien der Hindu-Religion; Brahmanen heischen von Pilgern Bakschisch; vornehme Radschas ziehen in feierlichem Aufzuge, gefolgt von einem Trosse bunter Diener und Musikanten, an den Ganges: Leichen auf Leichen, bloß mit leichten Tüchern bedeckt, werden vorbeigetragen — ein unaufhörlicher Wechsel von Szenen und Bildern, die nur der Orient in seiner üppigen und wüsten Gestaltungskraft hervorzubringen vermag. Widerwillen, ja Abscheu fassten mich an und erdrückt, überwältigt von dem Gesehenen eilte ich nach Hause, um ermüdet auszuruhen.

Neu gestärkt stattete ich nachmittags dem Affen-Tempel meinen Besuch ab. Dieser Tempel ist dem Gott Hanuman gewidmet und beherbergt in seinen Räumen eine Unzahl Affen, die lustig im Innern des Gebäudes auf dessen Säulen und Kapitälen umherspringen, von den Gläubigen mit Süßigkeiten und Früchten gefüttert. Noch vor kurzer Zeit gab es hier Tausende heiliger Affen; doch wurden diese durch ihre Streiche endlich selbst den gläubigen Hindus zu arg, da sie in der ganzen Nachbarschaft furchtbare Verheerungen anrichteten und kein Gegenstand vor ihrer Raublust sicher war. Man half sich nun dadurch, dass man über tausend Affen einfing, die ganze Gesellschaft in die Coupes eines Extrazuges setzte und weit ins Land führte, um sie in einem Dschungel wieder auszulassen. So waren die praktischen Gläubigen die Quälgeister los geworden, ohne sich gegen deren Heiligkeit versündigt zu haben. In der Mitte des Tempels steht eine vergoldete Figur des Gottes Hanuman, die, von Gläubigen und Affen eifrig heimgesucht, natürlich des üblichen Schmutzes nicht entbehrt.

Hier produzierten zwei Schlangenbändiger ihre Künste mit einer Anzahl Kobra- und Python-Schlangen. Dieses Schauspiel wiederholte sich nach unserer Rückkehr in das Palais, indem uns ein Taschenspieler unter anderem auch einen interessanten Kampf zwischen einer großen Schlange und einem kleinen iltisartigen Tier, dem sogenannten Mungo, — einer Art Manguste — vorführte. Letzterer blieb Sieger; er hatte sich äußerst geschickt gleich auf den Kopf der Schlange geworfen und biss endlich dem Reptil, obgleich dieses seinem Gegner arg zusetzte und ihn fest umschlang, den Kopf durch. Es verdient bemerkt zu werden, dass die Gaukler und Taschenspieler in ganz Indien eine hervorragende Rolle spielen und sich vorteilhaft dadurch von ihren europäischen Kollegen unterscheiden, dass sie die frappierendsten Kunststücke ohne alle Vorbereitungen zum besten geben.

Recht bitter enttäuschten uns die Tänzerinnen, welche sich nach dem Diner im Palais produzierten. Sie selbst waren jeder Schönheit bar, ihre Tänze äußerst langweilig, so dass wir bald in recht schläfrige Stimmung gerieten.

Links

  • Ort: Benares, Indien
  • ANNO – am 10.02.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater zeigt das Lustspiel “Schach dem König“, während das k.u.k. Hof-Opermtheater Webers “Der Freischütz” aufführt.

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