Der Abbruch des Lagers Guleria bereitete Schwierigkeiten, da die nassen Zelte sich schwer zusammenlegen und rollen ließen. Von Tigern war keine Meldung eingelaufen. Da es eben nicht regnete, sollte in Form eines General-shootings zum nächsten, 23 km in östlicher Richtung entfernten Lagerplatz Beli gestreift werden; die Linie war jedoch kaum aufgestellt, als sich die Berge neuerdings mit Wolken umhüllten und ein starker Regen niederging, der mit kurzen Pausen den ganzen Tag andauerte, um gegen Abend an Intensität zuzunehmen.
Das Terrain der heutigen Streifjagd war besonders schwierig, da wir zum mindesten zwanzig Mal einen der sich in Schlangenwindungen dahinziehenden Flüsse mit seinen steilen Ufern zu passieren hatten, eine harte Arbeit für unsere Elephanten. Überdies mussten wir meistenteils durch dichtes Baumdschungel ziehen, so dass die Köpfe der Elephanten und die Messer der Eingeborenen viel zu tun hatten.
Gleich im Anfang wurde ein Tiger gespürt, das Schießen auf anderes Wild eingestellt und nur nach dem Tiger gefahndet; doch da sich die Fährte in Bälde verlor, kam wieder die Ordre, alles Wild zu bejagen. Ich erlegte in der Folge meinen ersten Sumpfhirsch, der leider nur ein Spießer, im Wildbret jedoch so stark war wie ein sehr guter jagdbarer Hirsch unserer Wälder; im übrigen war aber das so dichte Dschungel, auf welches die Eingeborenen viel Hoffnung gesetzt hatten, sehr wildarm.
Als wir auf eine größere Viehtrift heraustraten, sah ich einen Vogel in der Größe einer Zwerg-Trappe vor mir wegstreichen, den ich nicht ansprechen konnte. Da der Vogel sehr scheu war und vor dem Elephanten nicht aushielt, so schlich ich ihn zu Fuß an und erlegte in ihm zu meiner großen Freude einen seltenen Ibis (Geronticus papillosus) mit stahlblaufarbigen Flügeln, braunem Leib und rotem Kopf.
In demselben Augenblick strich ein großer Adler knapp über mir hinweg; ich hatte gerade noch Zeit, eine frische Patrone zu laden, um ihn aus der Luft zu holen. Im weiteren Verlauf der Jagd traf mich das Missgeschick, bei einem schwierigen Übergang, der meine Häuda in bedeutende Schwankungen brachte, einen besonders schönen Nashornvogel zu fehlen.
Der Regen wurde stets heftiger, die Elephanten ermüdeten infolge der vielen Terrainhindernisse und des nassen, schlüpfrigen Bodens halber; wir waren bis auf die Haut durchnässt: die Gurten und Riemen der Häudas verschoben sich immer mehr — so kamen wir denn schließlich in recht kläglichem Zustand im Lager von Beli an. Hier sah es trübselig genug aus; zwischen den Zelten blieb man beinahe im Kot stecken; kein Feuer wollte brennen; alles war feucht und der Arzt lief fortwährend mit Chininpillen umher, jeden, dem er begegnete, damit überfallend, um das Gespenst der hier stark grassierenden Malaria zu bannen.
Links
- Ort: Beli, Nepal
- ANNO – am 18.03.1893 in Österreichs Presse. Am 17. März starb der französische Politiker Jules Ferry an einer Herzkrankheit.
- Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt „Julius Caesar“, während das k.u.k. Hof-Operntheater „Cavallaria Rusticana“ und „Rouge et noir“ aufführt.